Die Sprache des Geldes

Manche sagen, Geld würde stinken. Diese Banknote stinkt nicht. Die weiße Farbe hat inzwischen einen Gelbstich, das Blau und Grün dagegen ist noch immer intensiv. Der Schein fühlt sich rau an. Diese Banknote erzählt die Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry hier im Vordergrund, französischer Schriftsteller und Pilot. Links daneben der „Kleine Prinz“, Protagonist der gleichnamigen Erzählung, die als Plädoyer für Freundschaft und Menschlichkeit gilt. Oben links die Silhouette eines Flugzeugs, wie es Saint-Exupéry flog, darunter ein Elefant, der sich im Körper einer Schlange befindet – eine Zeichnung aus Exupérys berühmtem Werk. Im Hintergrund die Kontinente Afrika und Europa mit eingezeichneten Flugrouten, am linken Rand „50 Cinquante Francs“, der Wert des Scheins der „Banque de France“, der französischen Zentralbank. Auf der Rückseite noch einmal der „Kleine Prinz“, darüber ein Kompass und rechts daneben die Zahl „1997“: Das Jahr, in dem die Note in Umlauf kam. Im Hintergrund fliegt ein Militärflugzeug über eine Wüste – so wie Saint-Exupéry bei seinen vielen Flügen in Afrika.
Generation ohne Grenzen?
Diese Banknote wurde im Jahr 1997 in Umlauf gebracht – wenige Jahre vor der Einführung des Euro 2002. Was erzählt dieser Geldschein eine Generation später über die Geschichte Europas? Schon 1995 hatten sieben europäische Staaten das Schengener Durchführungsübereinkommen umgesetzt. An der 448 km lange Staatsgrenze zwischen Frankreich und Deutschland endeten die Grenzkontrollen. Heute erinnern daran nur noch leere Grenzpostenhäuschen. Damals fuhr man, aus Deutschland kommend, im Schneckentempo zuerst an Grünuniformierten, dann an Blauuniformierten vorbei. Nach dem Warten in der Autoschlange hieß es Geld wechseln, falls man das nicht schon vorher erledigt hatte, deutsche Mark in französische Franc. Für manche mühselig, für andere aufregend: Geld, das anders aussah, das einen anderen Wert hatte, das immer auch eine andere Geschichte erzählte. 50 Franc waren umgerechnet etwa 15 DM. Heute wären das 7,62 Euro, ein Betrag, mit dem man auf beiden Seiten des Rheins bezahlen kann, ohne Zeit in Wechselstuben zu verbringen, an den meisten Tagen auch ohne Staus an der Grenze.
Mittel zur Identifikation?
Banknoten werden alle zehn bis zwanzig Jahre neu gestaltet, das dient unter anderem der Fälschungssicherheit. Sie erzählen uns also etwas über einen sehr begrenzten Zeitraum und spiegeln in ihrer Schnelllebigkeit den gesellschaftlichen Wandel. Schaut man sich verschiedene Geldscheine genauer an, fallen die vielen nationalen Symbole auf. So finden wir auf Banknoten oftmals Politiker:innen, Symbolbilder wichtiger Ereignisse der Landesgeschichte, berühmte Bauwerke, technische Errungenschaften oder wie in unserem Beispiel, eine berühmte nationale Persönlichkeit. Über Geldscheine können wir erfahren, wie Staaten sich nach innen und nach außen präsentieren wollen, was ihre Gesellschaften verbinden soll, mit was sie sich vordergründig identifizieren, aber vielleicht auch von was sie sich abgrenzen.
Unsere heutigen Euro-Scheine zeigen fiktive Bauwerke, insbesondere Brücken, dies soll unter den Staaten des Euro-Raums zu einem Gefühl der Verbindung beitragen.