Faszinierend: Verborgenes Leben hörbar machen!

Es trommelt, knistert, knurrt.
Ein Hörrohr ist ein diagnostisches Untersuchungsinstrument für Medizinberufe. Solche Hörrohre sind etwa 20 cm lang und aus Holz oder Metall gefertigt. Sie bestehen aus zwei Schalltrichtern, verbunden durch eine Brücke mit schallleitendem Tunnel. Medizinisch genutzte Hörrohre heißen auch Stethoskop, was besagt, dass wir durch dieses Instrument in das Verborgene des Körpers „sehen“ können - und das durch Hören! Schallgeräusche aus dem Körperinneren werden nach außen an das Ohr des Untersuchers getragen.
Solche Geräusche entstehen im Körper durch die Funktion der Körperorgane: Das Herz trommelt ununterbrochen, eingeatmete Luft verursacht in der Lunge Entfaltungsknistern, der Darm bewegt sich knurrend voran. „Schallsammler“ wie ein Hörrohr verstärken diese Körpersignale. Stethoskope können also unsichtbares Leben wie das des ungeborenen Kindes durch Abhören der kindlichen Herzaktionen „sichtbar“ machen.
Diagnose mit Abstand.
Schon lange belauschten Ärzte Geräusche aus dem Körperinneren durch direkten Kontakt des Ohrs mit der Körperoberfläche. Das war jedoch für Ärzte wie Patienten unangenehm, hygienisch unsicher noch dazu. 1816 suchte der französische Arzt Laennec nach einer neuen Methode: Er verwendete eine Papierrolle als „Hörrohr“. Zu seiner Überraschung hörte er Geräusche im Körper durch dieses einfache Instrument nicht schlechter, sondern viel besser. Die Schallquelle im Innern des Körpers und das Trommelfell des Untersuchers waren gleichsam "kurzgeschlossen".
Schon bald ging die Entwicklung weiter: An die Schalltrichter hölzerner Hörrohre wurden Schlauchsysteme mit Ohrmuscheln angeschlossen, Membranplatten in die Trichter eingesetzt. So entstanden die heutigen Stethoskope. Weil sie für die Diagnostik von Erkrankungen so wertvoll waren, fertigte man sie aus edlen Hölzern, aber auch aus Edelmetall oder gar Elfenbein. Die ärztliche Fachwelt und sachkundige Laien waren begeistert: Das handliche, einfache Instrument erfüllte alle Kriterien der unkomplizierten Herstellung, langer Haltbarkeit und eingehaltener Hygiene. Schon bald nutzten auch andere medizinische Berufsgruppen dieses Instrument. Bis heute überwachen Hebammen mit dem Piccard´schen Holz-Hörrohr den kindlichen Herzschlag während Schwangerschaft und Geburt.
Altbewährtes in der Medizintechnik
Technische Verbesserungen veränderten die ursprüngliche Form medizinischer Hörrohre. Doch die Prinzipien der Verstärkung und Leitung von Schall zur Erfassung verborgener Körpersignale blieben unverändert. Tatsächlich war die Entdeckung des Hörrohrs ein Meilenstein: Ohne dieses Instrument für die Diagnostik im Körperinneren verborgener Erkrankungen hätte sich die Medizin nicht so rasch entwickelt.
Erfahrene Hausärzte setzten die altertümlich wirkenden Hörrohre aus Holz noch bis vor einigen Jahrzehnten ein. Denn bei korrekter Anwendung lieferten sie unübertroffene akustische Signale, ebenso wie heute bei den Hebammen. Trotz aller modernen Technologien: Bewährte Methoden in der Medizin müssen nicht veralten, wenn sie zuverlässig und unkompliziert unsichtbares Leben hörbar machen.