100 JAHRE ÖFFENTLICHES RECHT International, transnational, komparativ. Zur Geschichte des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924-2024

  • chair:

    VÖLKERRECHT ALS FORTFÜHRUNG DES KRIEGES MIT ANDEREN MITTELN? DAS KWI IM GRÜNDUNGSKONTEXT

  • place:

    Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL), Heidelberg

  • sws:

    Do, 15.06.2023 - Fr, 16.06.2023

  • :

    MPIL

  • Referent:

    u. a. Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze

  • Zeit:

    Fr, 16.06.2023, 09.00-09.45

  • MPIL, 15./16.6.2023

    International, transnational, komparativ. Zur Geschichte des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924–2024

    Recht im Unrecht. Das KWI im Dritten Reich

    Teil 3: Auf dem Weg in den totalen Staat. Das KWI nach 1933

    Rolf-Ulrich Kunze

    Nische oder Relais? Aspekte der Geschichte des KWI für ausländisches und internationales Privatrecht,

    1933 bis 1939, mit Blick auf das KWI für Völkerrecht

     

    Abstract

    Aus der Perspektive des Zeit- und Wissenschaftshistorikers stellt die Institutsgeschichte des KWI für Internationales Privatrecht und die des KWI für Völkerrecht im Nationalsozialismus in manchen Aspekten eine ähnliche Herausforderung dar. Genau das ist zugleich ein wesentliches methodisches Problem. Die Tätigkeitsbereiche beider KWI scheinen zunächst mehr oder weniger quer zum nationalsozialistischen Herrschaftsanspruch und -charakter zu liegen. Sie sind typische wissenschaftsorganisatorische Produkte der Weimarer Republik und der Versailler Nachkriegsordnung. Sie stehen beide für ein hohes Maß an internationaler wissenschaftlicher Verflechtung und Kooperation. Daher gibt es einen gewissen Druck, die Geschichte ihrer Akteure, Strukturen und Inhalte als Nische im entstehenden totalitären Doppel- und Maßnahmestaat zu beschreiben. Tatsächlich erweist sich gerade das privatrechtliche KWI auch unter Ernst Rabel bis 1937 und erst recht unter Ernst Heymann von 1937 bis zum Kriegsbeginn eher als ein Relais bestimmter Interessen nationalsozialistischer Governance und Herrschaftsstabilisierung. Prüfsteine dafür sind u. a. die Programmatik der international privatrechtlichen Regierungsberatung, die Leitungskultur, die Personalpolitik einschließlich der Nachwuchsförderung sowie die Mikrogeschichte der in der internationalen Veröffentlichungspraxis. Der Impulsvortrag präsentiert drei zeitgeschichtliche Leitfragen: Wie gestaltete sich Handlungsspielraum im Übergang zur NS-Diktatur? Wie liefen Feedback-Prozesse ab? Wo lagen die Potentiale von Resilienz oder Eigenzeitlichkeit? Diese Fragen werden methodisch auf ihre Relevanz für die Geschichte des KWI für Völkerrecht geprüft.

     

     

    From the perspective of contemporary and scientific historians, the institutional history of the KWI for International Private Law and the KWI for International Law under National Socialism seems characterized by similar challenges in some aspects. Both KWI’s area of expertise opposes the character of the national socialist ideology and state. They are typical scientific organizational products of the Weimar Republic and the Versailles post-war order. They both stand for a high degree of international scientific integration and cooperation. Therefore, there is a certain pressure to describe the history of its actors, structures and content as a niche in the emerging totalitarian state. In fact, the private-law KWI, even under Ernst Rabel until 1937 and even more so under Ernst Heymann from 1937 until the beginning of the war, turned out to be more of a relay for certain interests of National Socialist governance and the stabilization of power. Touchstones for this are u. a. the program of the international private-law government consulting, the management culture, the personnel policy including the promotion of young talent as well as the micro-history of the international publication practice. The input note presents three central questions of contemporary history: How was the scope for action shaped in the transition to the Nazi dictatorship? How did feedback processes work? Where was the potential for resilience or autonomy? These questions are methodically examined for their relevance to the history of the KWI for International Law.

     

     

    Prof. Dr. Rolf-Ulrich Kunze, Department für Geschichte, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), rolf-ulrich.kunze@kit.edu

  • In:

    MPIL, Heidelberg