Deutsches antifaschistisches Exil in Lateinamerika (1933-1945)

Inhalt

Wie wurde der Widerstand gegen das NS-Regime außerhalb Europas geleistet? Mit welchen Zielen und welchen Auswirkungen? In diesem Seminar werden wir uns auf zwei Länder konzentrieren, Argentinien und Mexiko, Sitz der wichtigsten antifaschistischen Organisationen des deutschsprachigen Exils in Lateinamerika. So war in Buenos Aires die sozialdemokratisch orientierte Organisation „Das Andere Deutschland“ (DAD) beheimatet, während Mexiko Stadt Gründungsort der kommunistisch inspirierten „Bewegung Freies Deutschland“ (BFD) war.

 

Obwohl Organisationen wie der BFD und der DAD darauf abzielten, auf die europäischen Angelegenheiten Einfluss zu nehmen, konnten sie sich nicht aus den damaligen Entwicklungen in Lateinamerika heraushalten. Ihre Aktivitäten setzten zwangsläufig eine Interaktion mit lokalen Akteuren, wie Politikern, Künstlern und Intellektuellen, sowie mit Mitgliedern der dort ansässigen deutschen und jüdischen Gemeinden voraus. Um das daraus resultierende Wechselspiel zwischen „globalen“ und „lokalen“ Ebenen zu veranschaulichen, werden wir unser Augenmerk auf zwei Hauptthemen richten:

 

a) Antifaschismus als eine globale politische Bewegung, aktiviert vor allem – aber nicht ausschließlich – durch die Netzwerke der internationalen Linken. Gleichzeitig mit den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf alle Teile der Welt gewann der Antifaschismus an Bedeutung. Er verkörperte nicht nur den Widerstand gegen die Achsenmächte, sondern auch die Hoffnung auf eine bessere Nachkriegszeit, z. B. ein Deutschland ohne Nationalsozialismus, ein wahrhaft revolutionäres Mexiko oder ein Argentinien ohne Militärdiktatoren.

 

b) Der Holocaust als Auslöser globaler Debatten um Verantwortlichkeiten, denen eine breitere Reflexion über Antisemitismus und Rassismus in Europa, aber auch in Lateinamerika zugrunde lag. Dies wird uns erlauben, einige Klischees auszuräumen: Während Mexiko deutschsprachige Kommunisten großzügig empfing, bot es jüdischen Flüchtlingen wenig Hilfe an; Argentinien war trotz seines späteren Rufs als Zufluchtsort prominenter Nationalsozialisten das lateinamerikanische Land, das die größte Zahl jüdischer Flüchtlinge aufnahm, wenn auch indirekt.

  

Leistungsnachweise:

  •  Das Seminar wird auf Deutsch gehalten, mit Lektüre deutsch- und englischsprachiger Texte. Spanischkenntnisse sind vorteilhaft, aber nicht notwendig.
  •  Studienleistung: a) Modul PolG I: regelmäßige Lektüre plus Kurzvorstellung eines Textes (aus einer Auswahl von Exilautoren: Anna Seghers, Alfons Goldschmidt, August Siemsen, Balder Olden usw.); b) Modul PolG II: dasselbe plus eine kurze schriftliche Ausarbeitung zu dem vorgestellten Text. Es besteht auch die Möglichkeit, später Themen aus der Lehrveranstaltung für die schriftliche (PolG I) bzw. mündliche (PolG II) Modul­ab­schluss­prüfung zu wählen.
  •  Eine Exkursion zur Dauerausstellung des Deutschen Exilarchivs (Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt) ist geplant.
VortragsspracheDeutsch
Literaturhinweise

Acle-Kreysing, A. (2016), “Shattered Dreams of Anti-Fascist Unity: German Speaking Exiles in Mexico, Argentina and Bolivia, 1937-1945”, Contemporary European History, 25(4), 667-686.

Kießling, Wolfgang (1980), Exil in Lateinamerika, Leipzig: Reclam.

Krohn, Claus-Dieter, Patrik von zur Mühlen, Gerhard Paul und Lutz Winckler (Hrsg.) (2008), Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945, Darmstadt: WBG.

Kohut, Karl und Patrik von zur Mühlen (1994), Alternative Lateinamerika. Das deutsche Exil in der Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt: Vervuert.