
Workshop „Umweltsparen. Historische Perspektiven auf Praktiken von Sparsamkeit und Verzicht“
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In aktuellen Debatten um den vom Menschen verursachten Klimawandel und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Gas gilt die Einsparung von Ressourcen als zentrale Strategie, um politische Souveränität sowie sozialen Frieden zu sichern und der globalen Erwärmung wie auch dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken. Galten Sparsamkeit und Verzicht lange Zeit entweder als traditionsreiche Tugend oder als notwendiges Übel in gesellschaftlichen oder individuellen Notlagen, hat sich in den letzten Jahrzehnten in Form von Umweltsparen eine neue Motivation in gesellschaftlichen Diskursen und Praktiken etabliert. Dabei geht es um das Einsparen von CO2-Emissionen oder Kilowattstunden ebenso wie um die Reduktion von umweltrelevanten Stoffen wie Chlor in der chemischen Industrie, „smarte“ stromsparende Haushaltstechnologien oder die Reduktion von Fleischkonsum und klimaschädlicher Mobilität. In diesem Zusammenhang spielt das Narrativ des Verzichts in Diskursen über aktuelle Transformationsprozesse eine ebenso zentrale wie emotional aufgeladene Rolle: Da steigende Konsummöglichkeiten, gestützt durch umfassendes Marketing, weiterhin als wünschenswert gelten, kollidieren positive Konnotationen des Umwelt- und Ressourcenschutzes regelmäßig mit Konnotationen von Sparsamkeit und Verzicht als unzeitgemäßen Zumutungen.
Doch was verbirgt sich aus umwelt- und technikgeschichtlicher Perspektive hinter den Begriffen, Konzepten und Praktiken der Sparsamkeit oder des Verzichts? Wie können Ansätze der Konsum-, Marketing- und Emotionengeschichte sowie der material culture studies für eine noch ausstehende Gesamtschau dieses Themas aus umwelt- und technikhistorischer Perspektive zusammengeführt werden? Der Workshop möchte mit dem Ziel einer systematischen Fundierung des Themas diskutieren, wie Sparsamkeit und Verzicht historisch in vielfältige soziale, kulturelle und technische Kontexte eingebunden waren und mit welchen Strategien sich bestehende Forschungslücken schließen lassen.
In einem inspirierenden Workshop-Setting fand am 5. und 6. Juni 2025 der durch das KHYS geförderte Workshop „Umweltsparen“ am KIT statt. Die Veranstalterinnen Nicole Hesse und Silke Zimmer-Merkle organisierten ein abwechslungsreiches Programm, in dem die intensive, auch praktische, Auseinandersetzung mit historischen Quellen mit theoretisch-methodischen Überlegungen zu Sparsamkeit und Verzicht in der Geschichte verknüpft wurde. Thematisch und epochal breit angelegt, bewegten sich die Themen von spezifischen Objekten der Sparsamkeit über Praktiken der Sparsamkeit und des Verzichts bis hin zu Diskursgeschichten von der Frühen Neuzeit bis in die Zeitgeschichte und adressierten dabei übergreifende Fragen nach Kulturen, Motiven und Akteuren des Umweltsparens. Der integrierte Workshop zur Wissenschaftskommunikation von Philipp Schrögel und die exklusive Abendführung durch die Ausstellung „Kann das weg? Von Abfällen und Einfällen“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe erweiterten die Diskussionen um Fragen von Kommunikation und Vermittlung.