Tiefseebergbau nach Manganknollen. Ressourcenwerdung zwischen Rohstoffmärkten, Politik und Ökologie

Tiefseebergbau nach Manganknollen. Ressourcenwerdung zwischen Rohstoffmärkten, Politik und Ökologie

In den nächsten Jahren könnte der Tiefseebergbau, also die Förderung erzhaltiger Mineralien, vor allem sogenannter Manganknollen, vom Meeresboden aus mehr als 4 km Wassertiefe beginnen. Befürworter argumentieren, dass der Tiefseebergbau wichtige, für die Energiewende benötigte Metallrohstoffe wie Nickel, Lithium und Seltene Erden zu geringeren ökologischen und sozialen Kosten als der konventionelle Bergbau bereitstellen könne. Kritiker warnen dagegen vor den Umweltrisiken eines großindustriellen Eingriffs in das fragile Ökosystem der Tiefsee.

Was in der Diskussion oft verloren geht, ist die Tatsache, dass das Projekt des Tiefseebergbaus bereits eine mehr als 50jährige Geschichte besitzt, in der der Beginn des kommerziellen Abbaus bereits einmal unmittelbar bevorzustehen schien. Nachdem die Idee in den 1950er Jahren erstmals aufgetaucht war, bildeten die 1970er Jahre eine erste Hochphase, in der mehrere internationale Konsortien an der Exploration und Förderung von Manganknollen arbeiteten. Während die Frage der Nutzungs- und Eigentumsrechte an diesen Mineralien außerhalb nationaler Hoheitsgewässer als eine hoch kontroverse Streitfrage zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auf der Ebene der UN verhandelt wurde, gipfelten die Arbeiten am Tiefseebergbau 1978/79 in mehreren Testförderungen. Anfang der 1980er Jahre wurden jedoch praktisch alle Projekte wieder eingestellt, ohne dass bis heute ein kommerzieller Abbau erfolgt wäre. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Zukunft des Tiefseebergbaus wieder offener.

Aufstieg, Fall und Wiedergeburt der Idee des Tiefseebergbaus im 20. und 21. Jahrhundert sind erklärungsbedürftig. Warum wurden die Manganknollen, die immerhin bereits seit 1873 der Wissenschaft bekannt waren, erst ab den 1960er Jahren als mögliche Quelle von Rohstoffen wahrgenommen und warum ebbte das Interesse später weitgehend wieder ab, nur um im 21. Jahrhundert erneut aufzuleben? Es geht also darum, unter welchen Umständen Manganknollen zu Ressourcen wurden, aber später diesen Status wieder zumindest zeitweise wieder verloren.

Dieses Forschungsprojekt untersucht schwerpunktmäßig am Beispiel des bundesdeutschen Tiefseebergbauprojekts die ökonomischen, politischen, juristischen, technischen und kulturellen Rahmenbedingungen, die etwa seit Mitte der 1960er Jahre bis heute beeinflussten, inwieweit Manganknollen als Ressource galten und ihre Förderung aus der Tiefsee zu verschiedenen Zeitpunkten als technisch möglich, ökonomisch rentabel, politisch wünschenswert und ökologisch vertretbar galt oder nicht. Diese Frage ist über den konkreten Untersuchungsgegenstand des Tiefseebergbaus hinaus auch für die Rohstoffversorgung insgesamt von Bedeutung.